Code of Conduct

Präambel

Die simsa – swiss internet industry associati-on hat den vorliegenden Code of Conduct Hosting (nachfolgend "CCH") beschlossen, um technologiegerechte Verhaltensgrund-sätze für Schweizer Hosting-Provider im Umgang mit unzulässigen Inhalten aufzuzei-gen, diese Grundsätze als Branchenstandard zu etablieren, die Rechtsicherheit zu stärken und den von unzulässigen Inhalten betroffe-nen Personen das Vorgehen gegenüber dem Urheber solcher Inhalte zu erleichtern.Mit dem im CCH festgelegten Notice-and-Ta-kedown-Verfahren setzt die simsa Verhal-tensgrundsätze um, die bereits in Selbstre-gulierungsinstrumenten von Internet Service Provider- (ISP) und Hosting-Provider-Verei-nigungen im europäischen und internationa-len Umfeld umgesetzt werden. Sie hat bei der Ausarbeitung des CCH überdies Kenntnis genommen von den Voraussetzungen, die Regulierungen insbesondere in den USA und der Europäischen Union, respektive in deren Mitgliedstaaten, an sog. Notice-and-Take-down-Verfahren und damit verbundene Ver-antwortlichkeitsprivilegierungen für Hosting-Provider stellen; wobei die simsa berücksich-tigte, dass dieser regulatorische Rahmen ge-rade in der Europäischen Union anders ist als in der Schweiz.Mit dem Beschluss dieses CCH anerkennt die simsa zudem die Bestrebungen des Europa-rats und die Arbeiten der Europarats-Exper-tengruppe Neue Medien, die Anreize setzen für den Miteinbezug der ISP in Regulie-rungsvorhaben zur Erreichung staatlicher Regulierungsziele im Internet und dabei das Selbstorganisations- und Selbstregulie-rungspotential der ISP erkennen und för-dern. Sie hat in diesem Zusammenhang auch die vom Europarat in Kooperation mit der European Internet Services Providers Association (EuroISPA) ausgearbeiteten Menschenrechtsleitlinien für ISP (Human Rights Guidelines for Internet Service Provi-ders) konsultiert und begrüsst deren Be-kenntnis zur Bedeutung der Selbstregulie-rung im Internet.Hosting-Provider spielen als Intermediäre im Internet eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen die Internetkommunikation überhaupt erst. Im Bemühen, das wirtschaftliche, gesell-schaftliche und kulturelle Potential ihrer Dienstleistungen zu fördern, bekennen sie sich zu den folgenden Verhaltensgrundsät-zen.

Gegenstand und Rechtsnatur

1.1 - Der CCH stellt eine Verhaltensanleitung für den Umgang mit Hinweisen auf mögli­cher-weise rechtswidrige Inhalte dar. Es handelt sich um einen Akt der freiwilligen Selbstre-gulierung.

Adressaten und Geltungsbereich

2.1 - Der CCH richtet sich an Unternehmen und Einzelpersonen, die Hosting-Dienste betrei-ben und dem Schweizer Recht unterstehen. Hosting-Dienste sind Dienste, die es Betrei-bern von Websites und Applikationen er-möglichen, Inhalte zu speichern, zu verarbei-ten und Dritten öffentlich zugänglich zu ma-chen (nachfolgend "Hosting-Dienste").

2.2 - Allfällige über reine Hosting-Dienste hinaus gehende Dienstleitungen des Hosting-Provi-ders sind nicht vom Geltungsbereich des CCH erfasst. Nicht erfasst sind insbesondere Internetzugangsdienste sowie Dienste für das Speichern, Verarbeiten und Zugäng-lichmachen von Inhalten an Dritte in einem nicht öffentlich zugänglichen Bereich (z.B. Cloud-Dienste).

Verhältnis zum simsa-Gütesiegel "Swiss Quality Hosting"

Der CCH soll alle Hosting-Provider, unab-hängig von ihrer Mitgliedschaft bei simsa, dabei unterstützen, sich rechtskonform zu verhalten. Träger des simsa-Gütesiegels "Swiss Quality Hosting" sind gemäss Güte-siegel-Reglement verpflichtet, den CCH zu befolgen. Für Hosting-Provider ohne Güte-siegel stellt der CCH ein freiwillig zu nutzen-des Hilfsmittel dar.

Definitionen

4.1 - Inhalt, der Rechte von Dritten, insbesondere Immaterialgüterrechte i.w.S. (beispielsweise Urheberrechte oder Markenrechte) oder Persönlichkeitsrechte verletzt, oder Straftat-bestände (namentlich in den Bereichen Por-nographie, Gewaltdarstellung, Rassismus und Ehrverletzung) erfüllt.

4.2 - Kunde des Hosting-Providers, mit dem ein Vertrag betreffend Hosting-Dienste besteht.

4.3 - Mitteilung eines Betroffenen, wonach ein vom Kunden öffentlich zugänglich gemach-ter Inhalt unzulässig sei. Dabei ist erforder-lich, dass der Absender mehr als ein Dritter oder die Allgemeinheit von der behaupteten Rechtsverletzung betroffen ist: bei Persön-lichkeitsverletzungen sowie bei Antragsdelik-ten die verletzte Person (oder ihr Vertreter), bei Immaterialgüterrechtsverletzungen die als Eigentums- oder Lizenzrechteinhaber an den Inhalten berechtigte Person (oder ihr Vertreter). Bei Offizialdelikten ist keine be-sondere Betroffenheit des Absenders erfor-derlich. Materiell und formell muss eine Notice min-destens folgende Angaben enthalten:
1.Name und Adresse des Absenders;
2.Begründung der besonderen Betrof-fenheit des Absenders (ausgenom-men Offizialdelikte);
3.URL der beanstandeten Seite bzw. Unterseite;
4.genaue Bezeichnung der behaupte-ten Unzulässigen Inhalte;
5.Begründung der Unzulässigkeit der Inhalte.

Keine Pflicht zur Überwachung

Hosting-Provider stellen als Intermediäre im Internet eine Infrastruktur zur Verfügung, die es Betreibern von Websites und Applika-tionen ermöglicht, Inhalte zu speichern, zu verarbeiten und Dritten öffentlich zugänglich zu machen. Hosting-Provider haben keine Kenntnis darüber, welche Inhalte ihre Kun-den speichern, verarbeiten und zugänglich machen. Sie sind auch nicht zu einer aktiven Überwachung der Inhalte verpflichtet. Allei-ne der Kunde ist verantwortlich für Inhalte, die er unter Inanspruchnahme der Hosting-Dienste speichert, verarbeitet oder Dritten zugänglich macht.Die im CCH definierten Pflichten des Hosting-Providers dienen dem Zweck, den von Unzulässigen Inhalten betroffenen Per-sonen das Vorgehen gegenüber dem Urhe-ber dieser Inhalte zu erleichtern.

Notice-and-Notice

6.1 - Der Hosting-Provider prüft eine eingegange-ne Notice darauf hin, ob sie den materiellen und formellen Voraussetzungen von Ziffer4.3 genügt. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen durch den Hosting-Provi-der gilt der Massstab eines juristischen Lai-en.

6.2 - Erfüllt die eingegangene Notice die formel-len und/oder materiellen Voraussetzungen von Ziffer4.3 nicht oder nicht vollständig, fordert der Hosting-Provider den Absender der Notice auf, innert zwei Arbeitstagen seit Erhalt der Aufforderung die Notice zu ergän-zen. Ergänzt der Absender die Notice nicht innert Frist oder genügt auch die ergänzte Notice den formellen und/oder materiellen Voraussetzungen von Ziffer4.3 nicht oder nicht vollständig, bearbeitet der Hosting-Provider die Notice nicht weiter.

6.3Erfüllt die eingegangene Notice die formel-len und materiellen Voraussetzungen von Ziffer4.3 vollständig, versendet der Hosting-Provider in der Regel innert zwei Arbeitsta-gen ab Empfang der vollständigen Notice je eine Mitteilung an den Kunden sowie an den Absender der Notice.
a) In der Mitteilung an den Kunden infor-miert der Provider den Kunden über den Zugang der Notice und leitet diesem die No-tice weiter. Der Provider weist den Kunden darauf hin, dass der Kunde alleine verant-wortlich ist für Inhalte, die er unter Inan-spruchnahme der Hosting-Dienste speichert, verarbeitet oder Dritten zugänglich macht. Er fordert den Kunden auf, die beanstande-ten Inhalte zu entfernen oder die Rechtmäs-sigkeit der Inhalte in einer Stellungnahme an den Absender der Notice zu begründen. Der Hosting-Provider weist den Kunden überdies darauf hin, dass der Kunde gegenüber dem Hosting-Provider für Aufwendungen im Zu-sammenhang mit der Abwehr von Ansprü-chen Dritter und für einen allfälligen weite-ren Schaden ersatzpflichtig ist. Der Hosting-Provider kann für die vorsorgliche Deckung dieses Schadens vom Kunden eine Sicher-heitsleistung verlangen. Bei klaren Fällen kann der Hosting-Provider auch direkt nach Ziff.7 vorgehen.
b) In der Mitteilung an den Absender der Notice bestätigt der Hosting-Provider den Empfang der Notice und informiert ihn über das Schreiben an den Kunden. Er weist den Absender der Notice darauf hin, dass alleine der Kunde verantwortlich ist für Inhalte, die dieser unter Inanspruchnahme der Hosting-Dienste speichert, verarbeitet oder Dritten zugänglich macht. Ausserdem informiert der Hosting-Provider den Absender darüber, dass der Hosting-Provider nicht berechtigt ist zur Weitergabe von Kundendaten. Statt-dessen weist ihn der Hosting-Provider auf Möglichkeiten hin, wie er die Identität des Inhabers einer Internetdomain ausfindig machen kann (z.B. über im Internet abrufba-re Who-is-Datenbanken) und welche staatli-chen Stellen der Absender zur Durchsetzung der behaupteten Ansprüche anrufen kann. Bei klaren Fällen kann der Hosting-Provider auch direkt nach Ziff.7 vorgehen.

Notice-and-Takedown

7.1 - Erfüllt die eingegangene Notice die formel-len und materiellen Voraussetzungen von Ziffer4.3 vollständig und betrifft diese mit hoher Wahrscheinlichkeit Unzulässige Inhal-te oder könnte sich der Hosting-Provider selber strafrechtlich verantwortlich oder zi-vilrechtlich haftbar machen, so kann der Hosting-Provider den Zugang zur betroffe-nen Website nach eigenem Ermessen ganz oder teilweise sperren, bis die Angelegenheit zwischen den betroffenen Personen oder durch Gerichte und Behörden geklärt ist.

7.2 - Unmittelbar vor oder nach einer Sperrung informiert der Hosting-Provider den Kunden über den Eingang der Notice, leitet diesem die Notice weiter und informiert ihn über den Grund der Sperrung. Zugleich informiert der Hosting-Provider den Absender der No-tice über die erfolgte Sperrung und das Schreiben an den Kunden. Der Hosting-Pro-vider entscheidet nach eigenem Ermessen, ob er bei Straftatbeständen Meldung an die KOBIK (Nationale Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität) oder an die Strafverfolgungsbehörden erstattet.

7.3 - Für die Beurteilung der Vollständigkeit der Notice sowie für das Ermessen in Bezug auf Sperrung und Anzeige gilt der Massstab ei-nes juristischen Laien.

Vertragliche Absicherung gegenüber dem Kunden

8.1 - Der Hosting-Provider stellt sicher, dass seine Vereinbarungen mit dem Kunden mindes-tens folgende Regelungen und Hinweise sinngemäss enthalten:

8.2 - 8.2Der Kunde darf die Hosting-Dienste nur rechtmässig verwenden. Für Inhalte, die der Kunde unter Inanspruchnahme der Hosting-Dienste speichert, verarbeitet oder Dritten zugänglich macht, ist der Kunde alleine ver-antwortlich.

8.3 - Den Hosting-Provider trifft bezüglich der ge-hosteten Inhalte keine Überwachungspflicht. Eine Sichtung der Inhalte erfolgt jedoch nach Eingang einer Notice unter den Vorausset-zungen des Notice-and-Takedown-Verfah-rens oder auf Anordnung von Gerichten o-der Behörden. Der Hosting-Provider bleibt berechtigt, auch ohne Vorliegen einer Notice Stichproben durchzuführen.

8.4 - Der Hosting-Provider hat das Recht, den Zu-gang zur Website des Kunden ganz oder teilweise zu sperren und die Hosting-Dienste einzustellen, i) falls die entsprechenden Vo-raussetzungen des in seinen AGB oder mit einem Verweis in den AGB auf den CCH be-schriebenen Notice-and-Takedown-Verfah-rens erfüllt sind oder ii) der Hosting-Provider dazu gerichtlich oder behördlich aufgefor-dert wird oder sich sonstwie selber rechtlich verantwortlich oder strafbar machen könnte oder iii) eine Stichprobe Inhalte zu Tage för-dert, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit im Sinne von Ziffer 4.1 unzulässig sind.

8.5 - Der Hosting-Provider beschreibt das Notice-and-Takedown-Verfahren in seinen AGB o-der verweist darin auf den CCH und macht den CCH vorzugsweise auf seiner Website zugänglich. Der Kunde hat sich über das No-tice-and-Takedown-Verfahren zu informie-ren. Er nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass der Hosting-Provider den Vertrag mit dem Kunden mit sofortiger Wirkung been-den kann, wenn der Kunde seine Weisungen gemäss Notice-and-Takedown-Verfahren gemäss Beschreibung in den AGB und/oder im CCH nicht befolgt.

8.6 - Der Hosting-Provider ist auf Anordnung von Gerichten oder Behörden berechtigt und verpflichtet die Identität des Kunden diesen oder anderen Dritten bekannt zu geben.

8.7 - Der Hosting-Provider ist berechtigt, dem Kunden den im Zusammenhang mit der Be-arbeitung einer Notice entstandenen Auf-wand in Rechnung zu stellen. Für einen all-fälligen weiteren Schaden, der dem Hosting-Provider aufgrund der geltend gemachten Ansprüche entsteht, ist der Kunde gegen-über dem Hosting-Provider ersatzpflichtig. Der Hosting-Provider kann vom Kunden für die vorsorgliche Deckung dieses Schadens eine Sicherheitsleistung verlangen. Wird die-se Sicherheitsleitung nicht bezahlt, kann der Hosting-Provider die Dienstleistung einstel-len.

Interne organisatorische Massnahmen

Der Hosting-Provider trifft interne organisa-torische Massnahmen, damit Notices rasch bearbeitet werden. Er bestimmt eine Person als Hauptverantwortliche für Unzulässige Inhalte und kommuniziert auf seiner Websi-te, wie und an wen Notices zur Bearbeitung im Rahmen des Notice-and-Takedown-Ver-fahrens zuzustellen sind, beispielsweise über ein Online-Formular.

Musterschreiben

Die simsa stellt ihren Mitgliedern Muster zur Verfügung für die im CCH erwähnten Mittei-lungen an den Kunden und an den Absender der Notice

Keine Haftung der simsa

Der CCH stellt eine freiwillige Selbstregulie-rung dar. Angesichts der bestehenden Rechtsunsicherheit im Bereich der Provider-Verantwortlichkeit kann simsa nicht garan-tieren, dass die Befolgung des CCH den Hosting-Provider vor strafrechtlicher Verfol-gung und Belangung oder zivilrechtlicher Haftung bewahrt.

Inkrafttreten

Dieser Code of Conduct Hosting tritt per 1.Februar 2013 in Kraft.

simsa, 1.Februar 2013, Version Publikum (ohne Muster) 1.0

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